Am 21.8.2019 fand in der Aula der Ostseeschule Flensburg der Workshop „Klimawende
von unten“ statt. Eingeladen hatte ein Zusammenschluss aus mehreren Bürgerinitiativen,
Menschlichkeit leben e.V. war für die Koordination zuständig. Ziel des Abends war die
Information an die Bürgerinnen und Bürger bezüglich ihres Mitbestimmungsrechts und wie
sie dieses einsetzen können bei der zukünftigen Gestaltung, Planung- und Entwicklung
ihres Stadtwerks zu einem Ökostadtwerk.
Auftakt der Veranstaltung war ein Vortrag von Eric Häublein (BürgerBegehren Klimaschutz
e.V.) über die politischen Instrumente (Einwohnerantrag oder Bürgerbegehren), die
Bürger*innen zur Verfügung stehen, um ihr Mitbestimmungsrecht auszuüben. Beispielhaft
wurden andere erfolgreiche Initiativen in verschiedenen Städten vorgestellt. Anschließend
wurde über die Geschichte und aktuelle Situation des regionalen Energieerzeugers und –
versorgers Stadtwerke Flensburg aufgeklärt, wobei verdeutlicht wurde, dass die von den
Stromkunden als 100 % nachhaltig wahrgenommenen Stadtwerke zwar gute Ansätze
vorweisen, aber das für Flensburg mögliche Ziel einer bis 2030 fossilfreien
Energieerzeugung mit der aktuellen erdgasbasierten Strategie verfehlen wird.
Nach der vorbereitenden Informationseinheit wurde der Diskurs über zukünftige
Versorgungskonzepte in der Gruppe angeregt, in dem sowohl kritische als auch
befürwortende Einwände eingebracht wurden.
Einigkeit unter den Teilnehmenden herrschte bei der Erkenntnis, dass ein regenerativer
Energiemix für Flensburg und Umgebung angestrebt werden sollte, statt sich in der
Entwicklung auf nur einen Energieträger zu stützen. Es wurde unterstrichen, dass mit dem
momentanen Erdgaskonzept zwar CO2 eingespart würde, jedoch dafür das weitaus
schädlichere Treibhausgas – Methan – den Einspareffekt wieder aufhebt und somit der
dringend erforderliche Fortschritt Richtung Klimaschutz ausbleibt.
An die Politik und Stadtwerke gerichtet, wurden viele Ideen geäußert, die in
verschiedensten Aspekten ansetzen. Die Energiegewinnung aus (grünem) Wasserstoff
war eines der Hauptthemen des Abends, da sie eine effiziente Verwendung für Strom aus
Windanlagen bietet, welcher teilweise bei Netzüberlastung in großen Mengen
abgeschaltet und als kostbarer Ökotrom verloren geht. Im Laufe der Diskussion stellte
sich die Power – To – Gas – Technologie in Verbindung mit Windanlagen als Energiequelle
als eine potentiell richtungsweisende Möglichkeit der nachhaltigen Energiegewinnung
heraus.
Als dringliche und kurzfristig umsetzbare Maßnahme kam auf, die aus der EEG –
Förderung gefallenen und zukünftig fallenden Windräder zu erhalten, indem deren Strom
durch die Stadtwerke aufgekauft wird. Begonnen mit Forderungen an die ratspolitischen
Akteure, die nicht mehr vom EEG geförderten Windanlagen der umliegenden Kreise
aufzukaufen und über Mieterstromkonzepte, kombiniert mit einer drastischen Erhöhung
der Solarzellendichte auf Flensburgs Dächern nachzudenken. Einig war man sich vor
allem in dem Punkt, dass eine zivilgesellschaftlich politische Bewegung notwendig sei, um
letztendlich den Stadtrat, der über die Projekte der Stadtwerke entscheidet, mit einer
rentablen und realen Planung zu überzeugen.
Da die Bereitstellung finanzieller Mittel für einen Elektrolyseur der Stadtwerke sich
schwierig gestalten kann, wurde ein Lösungsansatz in den Raum gestellt, zu diesem
Zweck einen Bürger*Innen – Fonds zu gründen und der Elektrolyseur geht anschließend
kostenersparend in den Besitz der Stadtwerke über. Eine andere Idee war, die 95
Millionen €uro des Kessel 13 für die erneuerbaren Energien umzuwidmen, statt eine
langfristig finanzielle Bindung für eine immer noch fossile Gasinfratruktur zu verwenden.
Diese Umwidmung zu verfolgen, könnte die Klimaschutzziele und die Stadtwerke bereits
2030 schadstoffarm machen.
Weiterhin kam die Anregung, mit Wärmetausch aus der Förde einen Teil des
Energiebedarfs zu decken. Auch Sauerstoff wurde als potentieller und nutzbarer
Energieträger genannt. Erneut wurde die Photovoltaik – Technologie angesprochen, nun
mit dem Hinweis, dass der Zugriff auf das Solarkataster der Stadt hilfreich wäre.
Ein weiterer Konsens: mit Dänemark als direktem Nachbarn und Vorbild könne man sich
viel „abschauen“ für Flensburgs regenerativer Energiegewinnung- und versorgung.
Während die Ideen von einem Großteil der Gruppe gut geheißen wurde, kamen
Nachfragen an der praktischen Umsetzbarkeit auf, da ein Elektrolyseur in Nähe zu den
Windanlagen, auch wenn er sehr groß sein müsste, sinnvoll ist. Sonne und Wind stellen
keine Rechnung an uns und sie sind zukunftsweisende Energiequellen regenerativer
Energieversorgung.
Geschlossen wurde die Runde mit den Bemerkungen, dass der Klimapakt eine weitere
Anlaufstelle für Forderungen sein könne und dass ein erhöhter Druck auf Politik nötig sei,
da Konzepte schon vorlägen. Bisher scheitere es daran, dass für die Umsetzung dieser
Konzepte mutige Entscheidungen und Rahmenbedingungen nachhaltiger und
klimaneutraler Energieversorgung in den Sektoren – Stromerzeugung, Mobilität,
Wäremeversorgung und industrielle Nutzung von der Politik fehlen.
Erst durch die zukunftsweisenden Forderungen der Fridays for Future Bewegung an die
Politik, auch hier in Flensburg, bewegt sich ein langsames Umdenken bei den politischen
Akteuren.
Einig waren sich die Anwesenden darüber, dass keine Zeit mehr verspielt werden darf.
Der Workshop wurde gefördert von VFE (Verein Förderung erneuerbare Energien, Risum-Lindholm).